Konfliktmanagement in der PM-Ausbildung – Erster Teil: Konflikte und Konfliktarten in Projekten

Bevor die Auswirkungen von Konflikten auf Projekte erörtert werden, soll zunächst der Begriff des Konflikts bestimmt werden, um ein gemeinsames Verständnis für die weiteren Betrachtungen zu schaffen. Nach Friedrich Glasl sind unterschiedliche Vorstellungen, Ideen, Ziele, Interessen, Werte etc. an sich noch kein sozialer Konflikt (Glasl, 2019, S. 71). Seiner Meinung nach entscheidet der Umgang mit den Unterschieden darüber, ob daraus ein sozialer Konflikt entsteht oder nicht. Nach Glasl ist also der konstruktive Umgang mit den Unterschieden entscheidend für den weiteren Verlauf der Zusammenarbeit, die bloße Existenz der Gegensätze ist noch kein Konflikt.

Glasl definiert einen sozialen Konflikt enger:
Ein sozialer Konflikt ist eine Interaktion zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen usw.), wobei wenigstens ein Aktor eine Differenz bzw. Unvereinbarkeiten im Wahrnehmen und im Denken bzw. Vorstellen und im Fühlen und im Wollen mit dem anderen Aktor (den anderen Aktoren) in der Art erlebt, dass beim Verwirklichen dessen, was der Aktor denkt, fühlt oder will eine Beeinträchtigung durch einen anderen Aktor (die anderen Aktoren) erfolge.

Glasl (2020, S. 17)
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Auf Projekte übertragen bedeutet die Definition, dass ein Konflikt dann vorliegt, wenn sich Projektbeteiligte, Projektteams oder beteiligte Organisationen durch einen oder mehrere andere innerhalb oder außerhalb des Projektes im Denken, Fühlen oder Wollen beeinträchtigt fühlen und es daraus zu Interaktionen kommt.

Wenn Konflikte in Projekten entstanden sind, sollten sie auch bearbeitet werden. Zur Auswahl einer dafür geeigneten Intervention hat sich die Unterscheidung in verschiedene Konfliktarten bewährt, da unterschiedliche Konfliktarten auch unterschiedliche Vorgehen erfordern. In Projekten lassen sich Konflikte gemäß ihren Ursachen typischerweise nach sechs unterschiedlichen Konfliktarten unterscheiden (Straube et al., 2008, S. 18):

  • Ziel- und Richtungskonflikt,
  • Wahrnehmungs- und Beurteilungskonflikt,
  • Rollen- und Erwartungskonflikt,
  • Besitz- und Verteilungskonflikt,
  • Veränderungs- und Sicherheitskonflikt,
  • Beziehungs- und Statuskonflikt

Ziel- und Richtungskonflikte entstehen aufgrund von unterschiedlichen und sich widersprechenden Ziele bezogen auf ein und dieselbe Sache (Straube et al., 2008, S. 19–21). In einem Wahrnehmungs- oder Beurteilungskonflikt beurteilen die Beteiligten ein und dieselbe Sache und/oder die daraus abzuleitenden Handlungen verschieden. Der Rollen- oder Erwartungskonflikt ist durch unterschiedliche Ansprüche und Erwartungen, eigene oder fremde, an Arbeitsergebnisse und Verantwortlichkeiten geprägt. Im Besitz- oder Verteilungskonflikt streiten sich die Konfliktparteien um Besitz an Geld, Macht, Zeit, Unterstützung, Aufmerksamkeit oder Wertschätzung. Die Konfliktbeteiligten in Sicherheits- oder Veränderungskonflikten scheuen regelmäßig das Risiko von Veränderungen. Beziehungs- und Statuskonflikte haben ihre Ursache in der Suche des Grundes für irgendein Übel in den Eigenheiten des Konfliktpartners, statt sich um die Beseitigung des Übels zu kümmern.

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Ziel der aus der Konfliktart abgeleiteten Intervention sollte ein kooperativer und lösungsorientierter Umgang mit dem Konflikt sein, weil sich so eine Chance zur weiteren Zusammenarbeit für gemeinsame Entscheidungen zur Streitbeilegung bietet (Friedmann & Himmelstein, 2017, S. 33).

Literatur:

Friedmann, G. & Himmelstein, J. (2017). Konflikte fordern uns heraus: Mediation als Brücke zur Verständigung. Wolfgang Metzner Verlag.

Glasl, F. (2019). Konfliktmanagement als Führungskompetenz. In M. Fröse, B. Naake & M. Arnold (Hrsg.), Perspektiven Sozialwirtschaft und Sozialmanagement. Führung und Organisation: Neue Entwicklungen im Management der Sozial- und Gesundheitswirtschaft (S. 71–90). Springer VS.

Glasl, F. (2020). Konfliktmanagement: Ein Handbuch für Führungskräfte und Berater (12. Auflage, erweiterte Ausgabe). Freies Geistesleben.

Straube, R., Leuschner, H. & Müller, P. (2008). Konfliktmanagement für Projektleiter [Strategien zur Lösung und Vermeidung von Konflikten ; in schwierigen Situationen den Projekterfolg sichern ; auf CD-ROM: bewährte GPM-Tools für effektives Konfliktmanagement]. Rudolf Haufe Verlag GmbH & Co. KG.

About t_bormuth

Ich bin seit über 20 Jahren in Projekten tätig und beschäftige mich sowohl mit fachspezifischen, als auch mit gesellschaftlichen Themen in diesem Kontext. Ich arbeitet als ganzheitlicher Coach im Unternehmenskontext für Projekt- und Programmmanager. Ganzheitlich bedeutet dabei für mich die Einbindung der gesamten relevanten Situation des Coachees, beruflich wie privat. Ich greife dabei auf Ausbildungen und entsprechende Zertifizierungen in den Bereichen Projektmanagement, Achtsamkeit (Mindfulness), Coaching und Psychotherapie zurück. In meiner Arbeit kombiniere ich Konzepte und Methoden aus allen diesen Bereichen entsprechend den individuellen Anforderungen der Klienten.
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